Hüsselhuus feiert zehnten Geburtstag
22. Oktober 2013 von Regina Fleck
Ambulant betreute Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz ist in Himmelpforten und Umgebung gut vernetzt.
HIMMELPFORTEN. „Wir waren der Zeit zehn Jahre voraus“, sagt Regina Fleck-Gutmann vom Verein Herbstzeitlose. 2003 begründete der Verein die erste private Wohngemeinschaft für Demenzkranke. Im besonderen Zusammenspiel von Angehörigen, Mitarbeiterinnen, Ehrenamtlichen, Ärzten und Pflegediensten ist es möglich, schwer Demenzkranken ein familiäres Umfeld mit Rundumbetreuung zu bieten. Heute gelten WG-Formen als Modell der Zukunft in der Versorgung von Alzheimer-Patienten
Bei der Geburtstagsfeier zum zehnjährigen Bestehen am Sonntag herrschte im Hüsselhuus in Himmelpforten reges Treiben. Offizielle wie die Bürgermeister Holger Falcke, Bernd Reimers und Johann Schlichtmann waren ebenso gekommen wie Mitglieder des Seniorenbeirates, des Mittelsdorfer Kreises, der Angehörigen- Selbsthilfegruppe um Lisa Sitz und der Hospiz-Gruppe Stade. Und natürlich fanden sich Familienmitglieder heutiger wie ehemaliger Bewohner ein, freuten sich über ein Wiedersehen und das nette Beisammensein bei Kaffee und Kuchen in Haus und Garten.
„Wir sind hier alle eine große Familie“, beschreibt Birgit Ehrhardt das Erfolgsmodell Hüsselhuus, das 2011 beim Ideenwettbewerb „Neue Wege in der Pflege“ einen hoch dotierten Preis des Niedersächsischen Sozialministeriums gewann. Als Vertreterin der Angehörigen hatte Birgit Ehrhardt zu dem Fest eingeladen – ebenso wie Regina Fleck für den Verein und Uschi Hilbert für die Mitarbeiterinnen. Alle achteten darauf, dass es für die sieben Bewohner nicht zu rummelig wurde; sie wurden durchgängig von ihren Bezugspersonen betreut.
Die Möglichkeit, sich in Alltagsabläufe einzubringen und das Geschehen mitzubestimmen, ist für Angehörige eine willkommene Alternative zum traditionellen Heim. Für das Modell der selbstbestimmten Wohngemeinschaft ist es aber auch eine Notwendigkeit. Denn die Finanzierung gestaltet sich schwierig, weil für die Bewohner der Status der ambulanten Pflege gilt, obwohl sie im Grunde stationär untergebracht sind. „Ich wünsche mir, dass die Angehörigen da endlich gleich gestellt werden mit Angehörigen von Menschen in Pflegeheimen“, sagt Fleck. Dann fiele die Zuzahlung aus der Pflegekasse höher aus. Dafür müsste in Niedersachsen allerdings noch der rechtliche Rahmen neu geschaffen werden
„Die Mitarbeiterinnen haben Idealismus. Sie wissen, dass sie hier nicht viel Geld verdienen“, sagt Uschi Hilbert, eine leitende Kraft, die seit zehn Jahren im Hüsselhuus tätig ist. Zehn Stammkräfte gibt es, darüber hinaus sind Praktikanten und Ehrenamtliche im Einsatz, die mit den Bewohnern spazieren gehen, mit ihnen singen, sie unterhalten. Im Schnitt betreut eine Kraft zwei Bewohner.
Über 30 verwirrte Frauen und Männer haben im Hüsselhuus bereits ihren Lebensabend verbracht. Immer wieder geben Familien Rückmeldung, dass sie dankbar dafür sind, dass ihre Angehörigen dort „so friedlich leben und sterben“ durften. Schule. Die Zufahrt dorthin führt direkt am Haus vorbei. Das sei alles noch etwas gewöhnungsbedürftig, äußerten Gäste der Feier.
Autor und Fotos: Jutta Eidtmann
Quelle: Stader Tageblatt vom 22. Oktober 2013